Frauenland - Atelier Brigitte Baserga

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Frauenland

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Wo die Erdweiber hausen

Brigitte Baserga erschafft in ihre Atelier in Fluringen archaische Figuren aus Ton, Gips und Holz. Die Fachlehrerin und Malpädagogin hat vor rund 20 Jahren ihre Liebe fürs plastische Gestalten entdeckt und sich in diesem Bereich laufend weitergebildet.


Erdweiber, Thur-Teufel, Vogelfrauen und Gnomen: Sie alle bevölkern das Atelier von Brigitte Baserga in Fluringen bei Schaffhausen. «Seit jeher war ich fasziniert vom Archaischen, Ursprünglichen und Uralten», sagt die Künstlerin zu ihren Kreationen. Als junge Frau hatte sie eigentlich Archäologie  und Ethnologie studiert wollen. «Stattdessen wurde ich vorerst einmal Primarlehrerin, so wie meine Mutter und auch meine ältere Schwester."Doch immer wieder habe sie sich mit dem Ursprünglichen und Archaischen beschäftigt, woraus vermutlich intuitiv die Ideen zu ihren Figuren entstanden seien: Urwesen mit Luft-, Wasser- und Landtieren, Urgeschöpfe mit Kind, oder durch Bemalung zum Leben erwecktes Schwemmholz. Oft gestaltet Brigitte Baserga auch kraftvolle Frauenfiguren: «Es hat wohl damit zu tun, dass ich selbst eine Frau bin und mir das Wesen und der Körper der Frau besser bekannt ist. Männliche Wesen drängen sich mir einfach weniger auf.» Bei den Paaren sei es ihr stets wichtig, beide Geschlechter gleichberechtigt darzustellen.

Im Schulhaus aufgewachsen

Im idyllischen Dorf Alten (ZH) bei Andelfingen lebt die naturverbundene Künstlerin auf einer «grünen Insel», wie sie es nennt: Hier sei alles noch sehr ruhig und beschaulich. Aufgewachsen ist die 64-jährige Mutter von zwei Söhnen ganz in der Nähe: in Kleinandelfingen. Im dortigen Schulhaus waltete ihre Mutter nicht nur als Lehrerin, der Familie stand auch eine Wohnung zur Verfügung.«Meine Mutter war eine begnadete Pädagogin. Sie war weltoffen, grosszügig und liebevoll.» Der Vater war ein Waisenkind, er wuchs in Kinderheim auf und war später Verdingkind bei Bauern. Er starb schon früh und hat das Erlebte wohl nie  richtig verdaut. «Er war eher der Musische, doch leider konnte er seine Begabung nicht wirklich leben.» Anders seine Tochter: Sie bildete sich fortlaufend in bildnerischem Gestalten weiter. «Ein wesentlicher Durchbruch war für mich die Ausbildung zur Malpädagogin bei Arno Stern. Hier lernte ich, etwas zu erschaffen, ohne zu werten. Das war sehr befreiend und hat bei mir viel in Bewegung gebracht.» Über viele Jahre leitete sie daraufhin ihr eigenes Malatelier für Ausdrucksmalen.

Mythologische Gestalten

Seit bald zwanzig Jahren arbeitet Brigitte Baserga vor allem im dreidimensionalen Bereich, gestaltet mit Ton und Gips und Holz. Viele Jahre belegte sie Kurse, wie etwa an der Hochschule der Künste in Zürich oder der Schule für Gestaltung St. Gallen. In ihrem Schaffen reizte sie immer wieder mystische Gestalten wie die Vogelfrau. «Sie entstand aus einem spontanen Impuls heraus. Als ich im Nachhinein recherchierte, entdeckte ich in der griechischen Mythologie ein geflügeltes Mischwesen, die sogenannten Harpyien.»Die Harpyien begleiteten die Toten ins Jenseits. In den früheren Erzählungen der griechischen Mythologie werden sie als schöne Frauen mit gelocktem Haar und Vogelflügeln beschrieben, später sind sie hässliche, hellhaarige Dämonen.

Schätze aus dem Fluss

«Die Natur hat mich geprägt», erzählt Brigitte Baserga. Aufgewachsen an der Thur, streifte sie oft draussen in den Wäldern herum oder half den Bauern in den Reben oder beim Härdöpfle.«Eine berufstätige Mutter zu haben, gab uns viel Freiraum.» Die Schwemmhölzer, die sie noch heute aus der Thur sammelt, sind für sie oft überraschende Schätze. «Hier hat der Fluss gestaltet und erzählt mir seine Geschichten. Das Bemalen dieser Fundstücke ist für mich etwas sehr Lustvolles und Verspieltes.»

Durchs Feuer gehen

Ganz anders sei das beim Ton, «Mein absolutes Lieblingsmaterial. Seine erdige Substanz beruhigt und verankert mich.» Zudem habe sie beim Arbeiten mit Ton auch die grösste Fertigkeit entwickelt. Dennoch sei das Suchen nach der richtigen Form für sie immer ein Ringen: Hat die gestaltete Skulptur Kraft und Ausstrahlung? Hat die Oberfläche Spannkraft? «Manchmal quäle ich mich mit meinen eigenen Ansprüchen.» Sei die Arbeit aber geglückt, empfinde sie eine grosse Genugtuung: «Ein Gegenüber ist entstanden.»Doch erst einmal muss die «neugeborene» Figur vorsichtig angetrocknet werden. Zum Brennen darf der Ton zudem nicht dicker sein als zwei Zentimeter, sonst zerspringt er. Daher schneidet Brigitte Baserga in konzentrierter Feinarbeit ihre Werke auf, höhlt sie aus, um sie nachher sorgfältig wieder zusammenzubauen.Über mehrere Wochen werden die Figuren getrocknet, damit sich keine Risse bilden. Erst dann kommt die eigentliche Feuerprobe: Bei rund 1000 Grad werden die Skulpturen gebrannt. Auch bei aller Sorgfalt kann passieren, dass ein Werk im Ofen explodiert und in tausend Stücke zerberstet. «Meine Ton-Skulpturen müssen im wahrsten Sinne des Wortes durchs Feuer gehen. Doch überstehen sie das, sind es echt hart gesottene Gestalten.»

Zeitschrift Frauenland - Magazin für die Schweizer LandfrauenPublikationsdatum: 12.05.2020
Autorin: Eva Rosenfelder



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